Samstag, 30. August 2014

"Menschen sind intelligenter als Tiere!“

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Menschen sind intelligenter als Tiere!“ — Zum Begriff der Intelligenz
Einwurf: Gibt es irgendwelche Hinweise, dass Tiere abstrakt denken können?


Der Terminus „Intelligenz“ beschreibt allgemein die kognitiven Fähigkeiten eines Lebewesens. Unter kognitiven Fähigkeiten ist in diesem Zusammenhang insbesondere die Rationalität, Logik sowie Auffassungsgabe und Kreativität zu verstehen. Manche Menschen sprechen all diese Eigenschaften Tieren generell ab, andere wiederum behaupten, sie seien bei Tieren zwar partiell ausgebildet, jedoch keineswegs so hoch entwickelt wie beim Menschen. Und es steht außer Frage: In Hinblick auf die kognitiven Fähigkeiten scheint sich kein Lebewesen auf Erden mit dem Menschen messen zu können. Das soll uns nicht zu dem Trugschluss verleiten, wir seien die einzige Spezies, die sich komplexer kognitiver Fähigkeiten erfreuen darf! Lange Zeit galt die Benutzung von Werkzeug als sicher Intelligenz-Indikator und zugleich als Domäne des Menschen.

Nicht zuletzt die Arbeit von Christophe Boesch, einer der Direktoren des Leipziger Max-Plank-Instituts für evolutionäre Anthropologie, zeigt auf, dass Menschen nicht die einzigen von der Evolution hervorgebrachten Handwerker sind: Seine über 20 Jahre währenden Beobachtungen von Schimpansen im Tai-Nationalpark belegten, dass Schimpansen sich ein großes Sortiment von Werkzeugen – schätzungsweise über 24 – nutzhaft machen. Dem Forscher gelang es zu dokumentieren, dass Schimpansen einen flachen Stein als Amboss und einen spitzen als Hammer benutzen, um harte Nussschalen zu knacken. Eine durchaus diffizile Aufgabe, die Übung und Geschick erfordert. Doch unsere nahen Verwandten sind nicht nur vertraut mit dem Umgang einfacher Werkzeuge — sie stellen sie auch gezielt her: Schimpansen wählen sorgsam verschiedene Blätter und Farne aus, kauen sie durch und lassen die Masse in der Sonne trocken; so entsteht ein Schwamm. Mittels eines solchen Schwamms lässt sich zum Beispiel Wasser aus Astgabelungen aufsaugen. Ohne die Benutzung des Schwamms wäre das Wasser für die Schimpansen unerreichbar. Das wirklich Interessante an der Herstellung des Schwamms aber ist, dass vorausschauendes Denken nötig ist. Die Schimpansen mussten eine Lösung ersinnen, wie sie an das Wasser herankommen: Aus Erfahrungen wussten sie, dass zerkleinerte, getrocknete Blätter Wasser aufsaugen. Um an das begehrte Wasser zu gelangen, setzten sie dieses Wissen gezielt um und fertigten selbst einen Schwamm an.

Doch nicht nur Primaten, bezeichnenderweise als „Herrentiere“ unsere nächsten Verwandten, verfügen über mentale Fähigkeiten. Auch entferntere Verwandte, können auf Fähigkeiten zurückgreifen, die lange Zeit ausschließlich dem Menschen zugesprochen wurden: Wie das Fachmagazin Nature berichtete, fanden Wissenschaftler der Universität von Louisiana in Lafayette heraus, dass Salamander bis Drei zählen können. Bisweilen war ausschließlich von Primaten bekannt, dass sie treffsicher eine Menge von vier Objekten erkennen. Die jüngsten Erkenntnisse bestätigen die Forscher in der Annahme, dass sich grundlegende mathematische Fähigkeiten schon sehr früh in der Evolution herausgebildet haben müssen: Salamander, Schimpansen und Menschen scheinen diese Fähigkeit von einem gemeinsamen Vorfahren geerbt zu haben. Auch hier greift also wieder die evolutionäre Kontinuität.

Nun könnten wir spötteln, dieses exemplarisch herausgegriffene mathematische Verständnis eines Salamanders nun wirklich nicht mit dem menschlichen Einblick in die Welt der Zahlen vergleichbar sei. Doch jene, die den Salamander mit Spott belegen, sollten eines bedenken: Evolutionär ist es ein kleiner Schritt vom potenziell mathematisch Denken, der Fähigkeit zwischen kleinen Mengen zu unterscheiden, bis hin zur Relativitätstheorie. Und es war Einstein und nicht etwa jeder einzelne Mensch, der die Beziehung zwischen Masse eines Objekts und Bewegungszustand des Beobachters entdeckt hat. Speziesistisches Denken drückt sich u.a. durch die Übertragung der Leistung eines Individuums auf seine Spezies aus: Bis heute wird den wenigsten der Menschen der tiefere Sinn der Formel e=mc² geläufig sein. Darum verbietet es sich, die Leistungen eines einzelnen Menschen herauszugreifen und daran eine andere Spezies messen zu wollen.

Niemand möchte behaupten, die menschlichen Fähigkeiten auf dem Gebiet der Rationalität, Logik, Auffassungsgabe und Kreativität entsprächen denen von anderen Tieren — doch wir erwehren uns der Indoktrin, diese Fähigkeiten seien grundlegend nur dem Menschen zuzuordnen und rechtfertigten die Ausbeutung und moralische Schlechterbehandlung weniger intelligenter Lebewesen. Der Begriff Intelligenz ist ohnehin ein diffuses Gebilde, welches die unterschiedlichsten Leistungen eines Denkapparates auf sich akkumuliert. Nach menschlicher Definition sind es eben jene Fähigkeiten, die sich beim Menschen in besonders ausgeprägter Form finden. Einige Lexikon-Definitionen gehen sogar soweit, den Begriff der Intelligenz ausschließlich auf den Menschen zu beziehen. Unberücksichtigt bleiben dabei kognitive Funktionen, die dem Menschen fehlen: So ließe sich dem Begriff der Intelligenz ebenfalls die beispiellose Leistung von Schlangen zuordnen, Wärmequellen zu orten und diese Information zu verwerten. Ein weiteres Beispiel: Die Familie der Haie vermag gar den Plusschlag einer im Meeresboden vergrabenen Flunder aufzuspüren. Haie verfügen über ein Sinnesorgan, welches es ihnen ermöglicht elektrische Felder ab einer Feldstärke von 0,01 Mikrovolt pro Zentimeter zu registrieren und als Information zu verarbeiten, um so genannte Beutetiere — wie die Flunder — aufzuspüren. Erfreut sich auch der Mensch einer derartigen Sinneswahrnehmung? Wohl kaum. Und obgleich es sich bei der Auswertung derartiger sensorischer Informationen um eine komplexe kognitive Leistung handelt, findet sie im menschlichen Begriff der Intelligenz keinerlei Berücksichtigung.

Aufgrund der anthropozentrischen Definition der Intelligenz lassen sich Menschen und andere Tiere auf dieser Ebene nicht vergleichen. Es wäre geradezu so, als wollten wir unsere Sinneswahrnehmung mit der sensorischen Leistung einer Schlange oder eines Hais vergleichen. Letztlich können wir nicht beantworten, ob Hunde klüger als Katzen, Schweine klüger als Kühe oder Menschen klüger als alle anderen Tiere sind — und das aus einem sehr simplen Grund: Diese Fragen sind schlicht falsch gestellt! Lassen wir graduelle wie individuelle Unterschiede außen vor, sind alle Tiere gleich intelligent und lernfähig. Denn jede Spezies ist genau mit den anatomischen und mentalen Merkmalen ausstaffiert, die sie benötigt, um in ihren Lebensraum erfolgreich zu überleben. Jede Spezies ist in ihrer ökologischen Nische zu schier atemberaubenden Geistesleistungen im Stande. Halten wir eine Tierart aus unserer Perspektive für intelligent, dann nur aufgrund einer zufälligen Ähnlichkeit zu unserem Verhalten oder aber weil ihr Wille durch Dressur gebrochen wurde.

Generell ist es ein völlig falscher Ansatz, wenn wir uns bei anderen Tieren nach Rudimenten unserer spezifischen Fähigkeiten und Charakteristika umsehen — solch ein Vorgehen kann nur zu grotesken Herabstufungen einer Spezies führen, weil ihre individuellen Merkmale völlig in den Hintergrund rücken. Da unsere Hände erstaunliche Werkzeuge sind, hat unser Tastsinn einen besonderen Stellenwert, der sich nicht zuletzt in unserer Sprache manifestiert: Wir sprechen von „begreifen“, wenn wir etwas verstehen — heißt dies nun im Umkehrschluss, dass Hände oder ähnlich geartete anatomische Merkmale von Nöten sind, um unsere Umwelt zu verstehen? In unserem Weltbild offensichtlich schon: Sind wir nicht geneigt, Primaten ein weitaus höheres Maß an „Intelligenz“ zuzusprechen, weil sie über Hände verfügen, Hände die sie befähigen uns vertraute Werkzeuge zu benutzen? Wenn ein Frosch in seinem Lebensraum Hände vorteilhaft einsetzen könnte, so hätte die Evolution ihn auch mit solchen bedacht und er würde lernen sie z.B. zum Gebrauch von Werkzeugen einzusetzen. Doch wozu benötigt ein Frosch Hände? Er ist doch bestens an seinen Lebensraum angepasst und hat ihn schon vor Jahrmillionen für sich erschlossen, lange, bevor der erste Mensch das Licht der Welt erblickte. Der Frosch kann im Kontext seiner ökologischen Nische äußerst intelligent handeln — aber eben nicht im Kontext unseres menschlichen Lebensraums. Unsere anatomische Konzeption ist in keiner Weise mit der eines Frosches zu vergleichen, darum ist die Erörterung der Frage, ob Frosch oder Mensch intelligenter ist, völlig absurd.

Losgelöst von der Tatsache, dass Spezies hinsichtlich ihrer mentalen Fähigkeiten nicht verglichen werden können, müssen uns der Frage stellen, ob Intelligenz überhaupt als moralisch relevantes Kriterium in Frage kommt: Wenn du, lieber Leser, des Lesens, Schreibens und Rechnens nicht befähigt wärest, würdest du nicht dennoch darunter leiden, wenn andere dich in Ketten legten, dich deiner Freiheit beraubten oder gar ermordeten? Intelligenz, wie auch immer sie definiert wird, verhält sich indifferent zum Schmerzempfinden. Bedarf es doch keinerlei komplexer kognitiver Funktionen, um Schmerzen wahrzunehmen, denn Voraussetzung für Schmerzempfinden ist lediglich ein rudimentäres Nervensystem: Ein Nervensystem, über das alle bekannten Spezies verfügen.

Abschließend sei auf eines hingewiesen: Wer Intelligenz zu einem Kriterium moralischer Relevanz erhebt, impliziert damit nach unseren Maßstäben als weniger intelligent geltende Menschen — so genannte geistig Behinderte — in ihren Rechten zu beschneiden.


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Ordner:Begriffe Ordner:Speziesismus


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Vor allem der letzte Abschnitt sollte stärker hervorgehoben werden: Intelligenz darf kein Maßstab für die Rücksichtnahme auf die Interessen anderer Individuen sein, wenngleich die Fähigkeit zu denken Voraussetzung dafür ist, manche Bedürfnisse überhaupt erst wahrzunehmen, oder Interessen zu entwickeln.

Bei den Beispielen wäre es schön, wenn stärker zwischen instinktivem und intelligentem Verhalten unterschieden würde. Dazu wäre der Begriff „Intelligenz“ genauer zu definieren.

Weiteres Beispiel zur Ergänzung: Termiten. „In Australien gibt es eine Termitenart, deren Nester keine annähernd runde Form haben, sondern die stark abgeflacht und nach Norden ausgerichtet sind. Der Grund für diese spezielle Bauweise ist die Innentemperatur. Wenn morgens die australische Sonne im Osten aufgeht wird eine große Oberfläche des Nestes bestrahlt und es kann so nach der kalten Nacht wieder Wärme tanken. Mittags, wenn die Sonne senkrecht am Himmel steht, bietet das Nest der Strahlung kaum Oberfläche und es erhitzt sich nicht weiter. Abends kann das Nest wiederum Sonne tanken, um eine gleichbleibende Innentemperatur, trotz der extrem kalten Nacht, zu gewährleisten“ (aus Wikipedia:Termiten). - Die Frage wäre, ob das angeborene Verhaltensweisen sind, oder ob die Art und Weise einen solchen Termitenhügel zu bauen von Generation zu Generation weitervermittelt wird. Weiß jemand näheres? Würden isoliert aufwachsende Termiten genauso bauen?

Die thematisch angrenzende Seite Künstliche Intelligenz sollte angemessen verlinkt werden ;)

lg,

– Peppermint 2005-11-14 01:50


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Einwurf: Gibt es irgendwelche Hinweise, dass Tiere abstrakt denken können?

Du meinst, ob es Tiere gibt die von einer gelernten Sache auf allgemeines schließen können? Ja, würd ich schon sagen - auch wenn dies sicher eine der Stärken des Menschen ist, keine Frage. Trotzdem, Bienen, Affen, Mäuse, Delphine ... da lassen sich sicher Beispiele finden ... – peppermint 2007-06-01 12:33

hallo, ich habe diesen text gelesen und bin nicht ganz einverstanden.Ich würde niemals abstreiten,dass tiere auch intelligent sind,aber ohne sie zu diskriminieren sage ich das menschen itelligenter als tiere sind.Ich glaube bei deiner Ausführung hast du einige wichtige punkte vergessen,die den Menschen ausmachen.Es ist so,dass das beispiel mit dem hai oder mit der schlange zwar zutrifft und sie über fähigkeiten besitzen von denen der mensch nur träumen kann,aber ein wivhtiger aspekt der intelligenz ist es auch,meiner meinung nach,sich fähigkeiten aneignen zu können.eine schlange kann wärme erkennen und somit beute ausfindig machen,doch das können wir auch durch wärmekameras,also haben wir uns diese fähigkeit angeeignte und der schlange ist sie zu ihrem glück angeboren.und das beispiel mit dem Hai,der ein elektrisches feld registrieren kann,dies ist auch wieder eine fähigkeit ,die wir nicht besitzen,aber ist es nicht wieder ein aspekt der inelligenz eine fähigkeit auf mehrere gebiete auszubreiten.damit meine ich ein hai nutzt diesen sinn, um sich beute zu verschaffen und das war es dann auch er nutzt sie nur für die jagd,aber als der mensch elektrizität entdeckt hat hat er sie für so viele sachen verwendet,natürlich auch für die jagd,aber wiederum auch um in der dunkelheit sehen zu können oder um sich den alltag zu erleichtern.ein weiterer punkt,der nicht angesprochen wurde ist der,dass menschen sich perfekt an ihre umgebung anpassen können.Natürlich können das tiere aus wie oben im text erwähnt aber verändert sich die umgebung kann sich ein tier häufig nicht schnell genug an die veränderte umgebung anpassen,der mensch schon.ist das nicht ein weiterer aspekt für intelligenz.und jetzt zu meinem letzen punkt tiere besitzen kein historisches gedächtnis,das heißt sie können nicht auf die erfahrungen ihrer vorfahren anknüpfen und müssen also diese erfahrungen wieder neu durchleben.

zum schluss möchte ich noch klarstellen,dass ich niemanden diskriminieren möchte sondern einfach meinen standpunkt schildern möchte,wie ich diese sache sehe.Ich hoffe auf antwort.


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Hi. Den meisten Punkten deiner Begründung stimme ich zu, vor allem dass die Fähigkeit zu Lernen ein wichtigeres Kriterium zur Bestimmung von Intelligenz ist als bestimmte körperliche Fähigkeiten die einfach angeboren sind. Oder dass Menschen sich meist einer Vergangenheit und Zukunft bewusst sind, viele andere Lebewesen vermutlich nicht. Wobei aber ganz kleine Kinder oder ältere Menschen mit Alzheimer oder Menschen die einen schlimmen Unfall hatten vielleicht auch nichts anderes kennen als die Gegenwart. So allgemein kann man das also gar nicht sagen. Und sind Menschen, die BILD-Zeitung lesen, intelligent? Kann man auch so allgemein nicht sagen - ich habe manchmal meine Zweifel daran. Computer sind nicht intelligent, aber sie schlagen den Menschen im Schach. Gut, es war der Mensch der den Computer gebaut hat. Aber woher kommt der Mensch? Und wieviele Menschen sind wirklich so intelligent, einen Computer zu erfinden und zu bauen? Auch nicht so viele. Ameisen gibt es seit mindestens 130 Millionen Jahren. Den Menschen seit etwa 6 Millionen Jahren. Wer weiß wie lange noch. Klimawandel, Atomlobby, Finanzkrise, Schäuble - niemand weiß wie lang das noch weitergeht mit uns. Also von anpassen an die Umgebung und so, da würde ich erstmal noch abwarten. Wie intelligent auch immer die meisten Menschen sein mögen: der Grad an Intelligenz darf nicht der Maßstab dafür sein, ihre Interessen zu respektieren oder zu missachten. Allein schon der ganzen BILD-Leser wegen, das wäre ja gar nicht zu verantworten. Und dann ist es egal, ob es nun BILD-Leser sind, oder Leute die in der Schule sitzenbleiben, oder Alzheimer-Patienten oder eben andere Lebewesen die vielleicht gar keine Menschen sind: wenn die Interessen haben dann finde ich sollte man auch versuchen darauf Rücksicht zu nehmen, soweit es sich eben mit den eigenen Interessen vereinbaren lässt. Wobei das Interesse zu leben oder sich frei bewegen zu können für mich höher zählen als z. B. das Interesse, bei McDoof einen fetten Bürger zu verspeisen. Und das sollte an den Anfang des Artikels, denn die Frage wie intelligent ein Individiuum ist stellt sich dann doch als zwar interessant aber nicht wirklich relevant für die Frage heraus, wie wir mit uns und anderen umgehen.


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